Hallo, ich bin Thilo Böttger – staatlich anerkannter Ergotherapeut und Fachtherapeut für Neurorehabilitation.
Ich beschäftige mich tagtäglich mit Gehirnen. Vor allem mit denen meiner Patienten und was diese nicht mehr machen wollen. Meistens zeigt sich das, in dem ein Körperteil nicht mehr das macht, was es soll oder das Gehirn spielt einem selber einen Streich.
Mein Weg
Ich bin Jahrgang 1997 und man sagt, ich hätte wohl alles ohne Auffälligkeiten hinter mich gebracht. Bis zu jenem Tag, an dem ich selber zu meinem damaligen Ergotherapeuten Jakob musste. Scheinbar wollte ich mit 11 Jahren wohl nicht so aus mir rauskommen- ich war Jemand, der leise im Hintergrund alles geregelt hat und nicht gerne im Mittelpunkt stand. Dies war die Geburtsstunde für meinen Berufswunsch, dem ich schließlich mit 16 Jahren nachgegangen bin. Ich habe mich an einer Ergotherapie-Schule angemeldet, wo ich dann auch meine jetzige Frau Finja kennengelernt habe. Finja und ich arbeiten jetzt zusammen- ich behandle Erwachsene und sie Kinder. 2016 haben wir beide unsere Prüfung abgelegt. Für mich war damals schon klar, dass ich meine eigene Praxis eröffnen möchte. Ich habe mir in kurzer Zeit das nötigste Wissen angeeignet um mich selbstständig zu machen. Anfang 2018 konnte ich das Ganze dann tatsächlich schaffen- im Nachhinein betrachtet, bewundere ich meine damalige Gelassenheit und den Sinn mit wenig Material meine Patientin gut zu behandeln. Mittlerweile habe ich gemerkt, dass es meine Stärke ist, mit möglichst wenig Material zu arbeiten. Ich kann mich so auf die eigentlichen Schwierigkeiten meiner Patienten einlassen, wenn ich alltagsnah arbeite- so kann es auch passieren, dass gestandene Erwachsene mächtig ins Schwitzen kommen, obwohl meine Therapie nur aus einer Grillzange oder einer Büroklammer besteht. Für mich war es der richtige Schritt, nach vielen kleineren Fortbildungen, meinen Fachtherapeut für Neurorehabilitation zu machen. Alles, was Nervenschädigungen und darüber hinaus betrifft, ist bei mir richtig. Mein Kerngebiet sind Schlaganfälle, Tumore, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose und Zustände nach Chemotherapien. Natürlich beschäftige ich mich auch den üblichen ergotherapeutischen Maßnahmen, von Handtherapie, Pädiatrie oder Wohnraumanpassung und stehe Familien in schwierigen Lebensphasen zur Seite.
Meine Philosophie
Ich glaube fest daran, dass Therapie nie trocken ist- und sie muss immer eine Grundlage haben, die bewiesen ist.
Mittlerweile können wir alle auf aussagekräftige Studien zugreifen und empfohlene Therapien anwenden. Es ist nur die Kunst, diese auch umzusetzen und an den Patienten anzupassen.
Sind meine Patient:innen bereit, an sich zu arbeiten und die Situation zu ändern, kann ich die für sie beste Therapie anbieten. Und dabei kann es auch mal passieren, dass ein ehemals hochrangiger Chef oder ein Sozialhilfe-Empfänger mit einer Gummiente auf dem Kopf und einem Besen in der Hand durch die Praxis läuft. Wenn ein Patient bereit ist, alles zu geben, mache ich das auch. Ich als Therapeut bin nicht das Limit, es ist immer mein Patient. Meist entwickelt sich gegenüber mir eine Hassliebe: Meine Patienten verfluchen mich regelmäßig, sind aber jedes Mal froh, wenn sie zu mir kommen und sehen, dass sich etwas tut. Ich wähle viele meiner Inhalte so aus, dass ich vorab schon weiß, dass die Aufgabe für die Person nicht schaffbar ist. Klingt erstmal gemein, ist auch so. Ich möchte, dass mein Patient scheitert. Liebe:r Leser:in, bitte verstehen Sie das augenzwinkernd- hier kommt der Grund:
Sobald mein Patient eine Aufgabe beim ersten Anlauf schafft, weiß ich, dass es funktioniert und er sich gerade nur in Perfektion übt. Das ist nicht mein vorrangiges Ziel. Mein Ziel ist, dass mein Patient über den Tellerand auf die Dinge schaut, die gerade nicht mehr geschafft werden. Dafür muss man lange üben und oft trainieren, und noch öfter wird man scheitern. Die Belohnung ist aber, dass man wieder alleine das T-shirt anziehen kann oder ohne Hilfe die Treppe hochkommt. Autonomie ist hier das Stichwort, das größte Gut eines Menschen.
Ich habe mir ausgesucht, die meiste Zeit mit Arbeit zu füllen. Böse Zungen behaupten, ich tu manchmal nur so, als hätte ich was zu tun- auf direkte Nachfrage gibt es darauf definitiv ein „Ja“. Ich mag es sehr gerne, Zeit mit meiner Familie und meinem Hund zu verbringen. Sei es zusammen im eigenen Garten zu sitzen oder zusammen einkaufen zu gehen. Da ich viele Schicksale durch meine Patienten kennengelernt habe, kann ich mittlerweile jeden sorgenfreien Moment genießen. Natürlich ereilen mich auch die Aufgaben, die ein eigenes Haus mit sich bringt, das macht mir aber großen Spaß, da es ein guter Ausgleich zum Praxisleben bietet. Da ich mit meiner Familie in einem waldlastigen Gebiet wohne, nutze ich dies, um ausgedehnte Radtouren zu machen. Vorallem zu einbrechender Dunkelheit ist man in meinem Wohnort von Ruhe umgeben und kann die Natur erleben.